Wenn es eine Männerdomäne gibt, dann ist es die Automobilbranche. Besonders dort, wo es nicht um Leasingraten, sondern um Trackdays, Luxusmarken und Motoren jenseits der 600 PS geht. Ilka Geller, 25, hat sich genau hier einen Platz geschaffen – als Marketing-Managerin und Verantwortliche für die Sportwagenmarke Bentley in Köln. Zwischen Statussymbolen, Adrenalin und gewohnten Dynamiken.
Zwischen Werkstatt und Wirtschaftsplan
„Ich war schon als Kind mehr in der Werkstatt als auf dem Spielplatz“, erzählt Ilka. Ihr Vater arbeitete in der Zulieferindustrie, Freunde fuhren Rennen am Nürburgring – ihre Leidenschaft für Autos war früh da. Aber Schraubenschlüssel wollte sie keinen in der Hand. „Ich wollte etwas mit Autos machen – aber mit Strategie, nicht mit Öl.“ Die Lösung: Ein Studium im Automotive Management, eine Art Business-Class für Auto-Nerds mit Excel-Affinität. Nicht Mechanikerin. Nicht Verkäuferin. Sondern Brücke zwischen Management und Maschinen.


Von der Theorie zur Teststrecke: Das erste Mal im McLaren
Nach dem Studium landet sie bei der Moll Gruppe in Köln, einem großen Autohaus, das Marken wie VW, Audi – und eben Bentley – betreut. Zunächst als Marketing-Assistentin für Volumenmarken. Doch Ilka will mehr. Emotion, Adrenalin, Asphalt. Sie bewirbt sich – und bekommt den Zuschlag. Mit Anfang 20 wird sie Markenverantwortliche für Bentley. Mittlerweile fährt sie die Sportwagen auch selbst. McLaren, Lamborghini, Aston Martin. Nicht aus Prestige, sondern weil sie weiß, wovon sie spricht. „Ich habe bei meinem Chef eine Probefahrt angefragt, nicht eine Selbstdarstellung.“ Das kam an.
Das erste Mal in einem Auto für über 300.000 Euro mit 500 PS? Klingt nach Nervenkitzel. War es auch.
„Ich habe gezittert – aber nicht gezögert. Während die Jungs direkt aufs Gas drückten, habe ich gefragt, ob ich mitfahren darf. Dann habe ich gefragt, ob ich lernen darf. Und dann bin ich losgefahren.“
Im Wagen vor mir fährt eine Frau!?!
Auch wenn Ilka sich in der Welt der 500-PS-Maschinen behauptet, im Alltag wird sie oft mit Stereotypen konfrontiert: „Die gebrandete Kleidung ist meist nur für Männer geschnitten – wenn ich Glück habe, passt mal ein T-Shirt.“ Im Team dagegen ist sie längst akzeptiert. „Anfangs wollten sich manche nichts sagen lassen. Heute finden viele cool, dass ich da bin.“ Kunden? Reagieren gemischt: Die einen klatschen Beifall. Die anderen halten sie für die Kaffeefee. Statt Konfrontation reagiert Ilka dann mit Präzision. „Ich erkläre ruhig das Konzept des Events – und das Auto.“ Ihre Kompetenz überzeugt. Auch, weil sie sich nie mit Lautstärke beweisen musste. Sondern mit Substanz.
Dabei arbeitet sie in einer Branche, die sich gerade neu erfinden muss. Emotionen entstehen nicht mehr über den Klang eines Motors, sondern über Inszenierung, Markenbindung, Community. „Ferrari ohne Röhren ist wie Espresso ohne Koffein“, sagt sie. „Aber wer Emotionen versteht, kann sie auch neu erzählen.“
Zukunftspläne: Familie? Karriere? Beides.
Privat ist Ilka genauso motorsportbegeistert wie beruflich. Sie zeltet regelmäßig am Nürburgring, schaut sich Rennen an, lebt das Thema. „Freundinnen kommen da selten mit. Aber das ist okay. Ich will da nicht reinpassen – ich will da sein.“
Langfristig weiß sie, dass sie im Eventbereich nicht ewig bleiben wird. „Wenn Kinder da sind, wird das schwer zu vereinbaren sein. Deshalb mache ich’s jetzt.“ Wer dann mehr verdient, arbeitet mehr – ganz ohne Rollendrama. „Es geht nicht darum, wie’s früher war. Sondern darum, wie es zu uns passt.“


Zahlen & Fakten:
📊 Nur 16 % der Führungspositionen in der Automobilbranche sind mit Frauen besetzt (Quelle: VDA, 2024)
🏁 Frauen sind in Motorsport-Veranstaltungen nur zu 11 % als aktive Teilnehmerinnen vertreten (FIA, 2023)
🚘 Der durchschnittliche deutsche Autokunde im Luxussegment ist männlich, über 50 und selbstständig
Geh einfach los, von 0 auf 100!
Für junge Frauen, die in die Branche wollen, hat Ilka eine unmissverständliche Botschaft: „Hör auf zu zweifeln. Wenn du für etwas brennst, dann gehe einfach los. Nicht jede blöde Bemerkung ist Sexismus. Manchmal ist es einfach nur daher gesagt. Und dem begegnet man am besten mit Know-how und Haltung.“
Sie selbst hat gelernt, nicht alles persönlich zu nehmen – aber alles ernst. „Du brauchst kein dickes Fell, du brauchst Biss und Begeisterung.“ Denn wer in einer Männerdomäne glänzen will, muss nicht härter werden – sondern klarer. Am Ende zählt nicht, ob du reinpasst, sondern ob du losfährst.


Dagmar Thiam
Dagmar ist Mitgründerin und CMO von Belle&Yell. Die erfahrene TV- und Bühnenmoderatorin mit mehr als 25 Jahren internationaler Expertise war auch lange Jahre als Sportjournalistin tätig. Sie ist seit mehr als zwei Jahrzehnten Unternehmerin mit einem Diplom in Betriebswirtschaft und internationalem Marketing. Neben ihren Tätigkeiten in Medien und Wirtschaft ist Dagmar auch ausgebildeter Einzel- und Teamcoach und Heilpraktikerin für Psychotherapie. Ihr breitgefächertes Fachwissen macht sie zu einer anerkannten Expertin für persönliches und berufliches Empowerment. Die zweifache Mutter liebt Sport (ehemalige Beachvolleyballerin), Groß-Familie, lebhafte Tischgespräche und Baumärkte.