Die Uhr tickt, aber weibliche Fruchtbarkeit ist kein Countdown
Immer mehr Frauen in Europa frieren ihre Eizellen ein. Nicht, weil sie Karriere über Kinder stellen. Sondern weil sie Optionen wollen. Selbstbestimmung. Ruhe im Kopf. Und nicht dieses „Du musst dich jetzt entscheiden“ zwischen dem 29. und 34. Lebensjahr.
Weil: Vielleicht bist du gerade Single. Vielleicht war der letzte einfach nicht der Richtige. Vielleicht läuft’s gerade beruflich. Vielleicht willst du einfach noch. ein. bisschen. warten.
Und weißt du was? Das ist okay.
Anne Hartmann erinnert sich noch genau. „Ich bin an der Klinik vorbeigelaufen und dachte: Da liegen sie jetzt. Meine Eizellen.“ Zehn Stockwerke über dem Bürgersteig lagern die eingefrorenen Zellkerne ihres möglichen späteren Mutterseins – sicher, steril, in flüssigem Stickstoff. Es war ein merkwürdig stiller Moment. Und ein sehr moderner.
Die 36-jährige Berlinerin ist keine Ärztin. Sondern Gründerin von Onni Care, einer der ersten Plattformen in Deutschland, die Frauen beim sogenannten Social Freezing begleitet – also dem vorsorglichen Einfrieren von Eizellen aus nicht-medizinischen Gründen. Sie weiß, wie es sich anfühlt, mit Mitte Dreißig zu spüren: Die biologische Uhr tickt. Aber das Leben ist nicht bereit.

Ein Trend, der bleibt
Was einst wie ein PR-Gag aus dem Silicon Valley wirkte – Google und Facebook begannen 2014, ihren Mitarbeiterinnen das Einfrieren zu finanzieren – ist längst europäische Realität. In Frankreich dürfen Frauen seit 2021 legal Eizellen einfrieren, auch ohne medizinische Indikation. Spanien und Belgien verzeichnen laut ESHRE (European Society of Human Reproduction and Embryology) einen kontinuierlichen Anstieg bei der vorsorglichen Eizellenkonservierung. In Deutschland wird die Nachfrage laut DKG (Deutsche Krebsgesellschaft) ebenfalls höher – obwohl Frauen die Kosten selbst tragen müssen: rund 3.000 bis 5.000 Euro pro Zyklus, plus jährlich etwa 300 bis 500 Euro Lagergebühren.
Was sich verändert hat, ist nicht nur die Technik – sondern die Haltung. Während frühere Generationen sich eher zwischen Karriere und Kindern entscheiden mussten, verlangen Frauen heute mehr: Optionen. Flexibilität. Zeit.
Die Lücke im System: Männer, Macht, Mutterschaft
„Es ist kein feministisches Tool“, sagt Anne Hartmann über das Einfrieren der Eizellen. „Aber es ist ein Werkzeug.“ Eines, das Frauen ermöglicht, ihre Fruchtbarkeit vom Partnersuchverlauf abzukoppeln – in einem Markt, der laut Studien immer weniger kompatible Partner hervorbringt. Der sogenannte Mating Gap beschreibt das Phänomen, dass hochgebildete, finanziell unabhängige Frauen zunehmend auf Männer treffen, die sich von dieser Entwicklung überfordert fühlen.
„Frauen entwickeln sich weiter – aber Männer ziehen nicht immer mit“, sagt Hartmann. Und nennt Zahlen: weniger Männer in Therapie, schlechtere Bildungsabschlüsse, geringere emotionale Selbstreflexion. „Das hat Folgen für Beziehungen. Und für den Kinderwunsch.“


Freiheit oder neuer Druck?
Was auf den ersten Blick nach Selbstermächtigung klingt, bringt neue Zwänge. Wer Eizellen einfriert, hat nicht weniger Entscheidungsdruck – sondern anderen. „Natürlich fragt man sich irgendwann: Was, wenn ich mit 39 immer noch keinen passenden Partner habe? Will ich dann allein Mutter werden?“, sagt Hartmann.
Hinzu kommt: Der Eingriff ist keine Wellness-Behandlung. Die Hormonstimulation kann körperlich und emotional herausfordernd sein, jede Frau reagiert anders – und die Erfolgschancen für eine spätere Schwangerschaft liegen trotz Technik nicht bei 100 %.
Onni Care hilft Frauen, genau solche Fragen zu reflektieren – durch nicht-medizinische Beratung, Klinik-Finder, AI-Coach und Community-Formate wie einer moderierten WhatsApp-Gruppe.

Social Freezing in Europa auf einen Blick
- Kosten pro Zyklus in Deutschland: ca. 3.000–5.000 Euro
- Lagerkosten pro Jahr: 300–500 Euro
- Erlaubt in vielen EU-Ländern – u.a. Spanien, Frankreich, Belgien
- 🇫🇷 Frankreich: seit 2021 auch ohne medizinische Indikation legal
- Empfohlene Eizellmenge für späteren Versuch: 15–20 Stück
- Fruchtbarste Phase biologisch gesehen: 20–25 Jahre – aber wer ist da schon bereit?
Wichtig: Je früher du einfrieren lässt, desto besser die Qualität.
Zwischen Verantwortung und Verdrängung
Ist Social Freezing also eine stille Privatisierung eines politischen Problems? Vielleicht. Aber es ist auch ein pragmatischer Akt in einem System, das weibliche Biografien nie mitgedacht hat. Und ein Ausdruck davon, dass Frauen ihre reproduktive Zukunft nicht länger dem Zufall überlassen wollen.
„Ich habe mir Seelenfrieden gekauft. Andere kaufen sich ein Auto“, sagt Hartmann. Und wirkt dabei nicht esoterisch, sondern erstaunlich klar.
Denn wer seine Fruchtbarkeit auf Eis legt, entscheidet nicht gegen das Leben. Sondern für das eigene Timing. Ob es irgendwann ein Kind gibt – das bleibt offen. Aber die Entscheidung darüber liegt wieder bei denen, die sie treffen sollten: den Frauen selbst.


Was ist der Mating Gap?
Der Begriff „Mating Gap“ beschreibt ein Ungleichgewicht auf dem modernen Partnermarkt – vor allem für heterosexuelle Frauen.
📉 Eine Studie der Yale University, 2021 zeigt: Gerade akademisch gebildete Frauen bleiben häufiger allein – nicht aus Mangel an Wunsch, sondern an passenden Optionen.
🧬 Die Folge: Kinderwunsch trifft auf Zeitdruck – aber ohne Planbarkeit.
🥶 Die Antwort? Social Freezing. 80 % der Frauen, die Eizellen einfrieren lassen, tun das nicht aus Karrieregründen, sondern weil der richtige Partner fehlt.
Belle&Yell sagt:
Der Mating Gap ist real – aber kein persönliches Versagen.
Und Social Freezing ist kein Patentrezept, aber ein legitimer Plan B.
Was fehlt? Eine Gesellschaft, die Verantwortung nicht auf den weiblichen Körper abwälzt.

Über Anne Hartmann
Anne Hartmann ist das Herz und die Gründerin von Onni Care – einer smarten Plattform rund ums Thema Social Freezing. Ihr Ziel: Frauen auf ihrem Weg zur Fruchtbarkeitserhaltung mit Klarheit, Einfühlungsvermögen und echtem Expertenwissen zu begleiten.
Mit ihrem Background im Online-Marketing hat Anne sowohl für Big Player wie Mercedes-Benz als auch für agile Start-ups im Female Wellbeing gearbeitet. Doch als sie selbst den Prozess des Social Freezing durchlief, wurde ihr klar: Das Ganze ist emotional, teuer – und oft völlig undurchsichtig.
Aus dieser persönlichen Erfahrung entstand Onni Care: eine Plattform, die Frauen – vor allem Millennials – endlich die Infos, den Support und die Sicherheit gibt, die sie für selbstbestimmte Entscheidungen brauchen.
Anne glaubt fest daran, dass jede Frau das Recht hat, ihren eigenen Weg zu gehen – gut informiert und mit einem starken Netzwerk im Rücken. Mit Onni Care bringt sie ihre Marketing-Expertise und ihre persönliche Reise zusammen.
Regula Bathelt
Regula ist Mitgründerin und CEO von Belle&Yell. Als internationale Marketing- und Branding-Expertin hat sie zahlreiche Marken betreut und mit Unternehmen wie AUDI und der Deutschen Telekom zusammengearbeitet. Mit über 30 Jahren unternehmerischer Erfahrung in TV, Werbung und Digital Business verbindet sie Kreativität mit strategischem Weitblick. Sie war als Wirtschaftsjournalistin und TV-Produzentin für Sender wie ZDF, RTL und Pro7 tätig, bis sie 1997 die Kommunikationsagentur SMACK Communications mitgründete. Bis heute unterstützt SMACK innovative und dynamische Unternehmen bei der erfolgreichen Vermarktung ihrer Produkte und Dienstleistungen. Regula ist überzeugte Europäerin, Wasser ist ihr Element und sie liebt Lesen, Schreiben, Sport und Hunde.


