Wie du mit einer Haltung dein Mindset, dein Meeting – und vielleicht dein Leben veränderst.

Du hast einen Pitch. Ein Vorstellungsgespräch. Oder einfach einen Moment, in dem du sichtbar sein willst. Doch plötzlich sagt dein Körper: Rückzug. Kleine Stimme. Schultern schmal. Warum eigentlich?

Willkommen in der unsichtbaren Schule der Selbstverkleinerung, in der viele von uns groß geworden sind. Die gute Nachricht: Wir können umlernen. Und der erste Schritt beginnt – mit deinem Körper.

Amy Cuddy & die Haltung der Macht

2012 geht ein TED Talk viral. Die Sozialpsychologin Amy Cuddy zeigt: Wer sich groß macht, fühlt sich innerlich stärker. Wer „Power Posing“ praktiziert – also für zwei Minuten eine dominante Körperhaltung einnimmt – kann seine Biochemie und sein Selbstvertrauen positiv beeinflussen. Der Satz, der hängen blieb:

„Fake it till you become it.“

Klingt wie ein netter Trick vor der nächsten Präsentation. Ist aber in Wahrheit viel mehr: ein kleiner Akt der Rebellion gegen eine jahrzehntelange Erziehung zum Kleinmachen.

Der Körper als feministischer Raum

Die Powerpose wirkt besonders tief bei denen, die jahrzehntelang sozialisiert wurden, sich nicht breit zu machen. Mädchen lernen früh: Sitzen mit übereinandergeschlagenen Beinen, sanfte Stimme, nicht stören. Jungs? Sitzen breitbeinig. Beanspruchen Platz. Die Botschaft ist klar:

„Du darfst Raum einnehmen“ versus „Halte dich zurück.“

Diese Muster sind so tief verankert, dass sie selbst in Bewerbungsgesprächen, Meetings und auf Panels weiterwirken – subtil, aber mächtig. Und sie verstärken das, was als Dream Gap bekannt ist: die Lücke zwischen den Ambitionen von Mädchen und dem Zutrauen in die eigene Kompetenz.

Anleitung: Deine persönliche Powerpause

  1. Stell dich hin. Füße schulterbreit. Hände in die Hüften oder wie ein „V“ in die Luft.
  2. Atme tief ein. Bleibe für 2 Minuten.
  3. Denke nicht an Perfektion. Denke an Präsenz.
  4. Spüre, wie du deinen Raum einnimmst. Innen wie außen.

Mach das zur Gewohnheit. Vor Präsentationen. Vor wichtigen Gesprächen. Oder einfach dann, wenn du dich klein fühlst.

Powerpose als Mikro-Feminismus

Was passiert also, wenn du vor einem wichtigen Termin in einer Toilettenkabine für zwei Minuten deine Haltung änderst? Du unterbrichst das Skript. Du übst Mikrofeminismus – ganz im Sinne von: „Stell dich hin, bevor du sprichst.“

Denn wie beim Mikrofeminismus…geht es nicht um die große Revolution im Sitzungssaal. Sondern um kleine, wiederholte Handlungen, die dein System umlernen. Und damit auch die Systeme um dich herum.

Die Kritik? Ja, es gab sie.

Einige Replikationsstudien zweifelten die biochemischen Effekte der Powerpose an – insbesondere Veränderungen im Cortisol- und Testosteronspiegel. Doch was blieb, ist ihre Wirkung auf Selbstwahrnehmung und Präsenz. Studien wie die von Dana Carney et al. (2015) zeigten zwar gemischte Resultate in physiologischer Hinsicht – doch in der Praxis berichten viele Frauen: Ich fühle mich anders, wenn ich mich größer mache. Und das reicht.

Was ist die Powerpose?

Ein Begriff der Sozialpsychologin Amy Cuddy, bekannt durch ihren TED Talk (2012, über 70 Mio. Aufrufe). Gemeint ist eine offene, expansive Körperhaltung, die innere Stärke fördern soll – z. B. aufrecht stehen, Hände in die Hüften, Arme in Siegerpose („V“).

Was sagt die Wissenschaft?

Studien wie die von Cuddy et al. (2010) zeigten:
  • Testpersonen fühlten sich nach zwei Minuten Powerpose selbstbewusster
  • Manche berichteten von mehr Risikobereitschaft und klarerer Präsenz
  • Erste Studien zeigten auch hormonelle Effekte (mehr Testosteron, weniger Cortisol) – spätere Replikationen relativierten dies
Neuere Metastudien (z. B. Gronau et al., 2017) weisen darauf hin:
  • Die subjektive Wirkung (Selbstsicherheit, Auftreten) ist robust
  • Die physiologischen Effekte (Hormone) sind umstritten

Was bringt es trotzdem?

  • Du aktivierst dein Körpergedächtnis
  • Du sendest dir selbst ein Signal von Stärke
  • Du unterbrichst soziale Muster – besonders hilfreich für Frauen, die gelernt haben, sich „klein“ zu machen

Warum ist das feministisch relevant?

  • Frauen wurden (und werden) sozialisiert, weniger Raum einzunehmen – physisch, sprachlich, sozial
  • Die Powerpose ist ein Werkzeug gegen den Dream Gap, gegen Unsichtbarkeit und Impostor-Syndrom
  • Sie ist ein Akt der Selbstermächtigung – kein Allheilmittel, aber ein Anfang

Warum wir mehr als „nur“ Haltung brauchen – aber dort anfangen können

Wird die Powerpose das Patriarchat abschaffen? Nein. Aber sie kann dir helfen, es nicht mehr durch deinen eigenen Körper zu bestätigen. Und manchmal ist genau das der Anfang.

Denn wie so oft beginnt Veränderung im Stillen. In der Haltung. Im Mut, sich hinzustellen – auch wenn die Stimme noch zittert. Denn dein Körper war nie das Problem. Sondern dein ungenutztes Werkzeug.

Belle&Yell sagt: Probier’s aus.
Du brauchst keine Erlaubnis, um sichtbar zu sein. Du brauchst nur zwei Minuten. Und deinen Mut, dich nicht mehr zu verstecken.

Also: Kopf hoch. Brust raus. Haltung zeigen.